JOHANNA      ZEUNER
ev.Theologin   pädagogin   autorin

 

Predigt am 18.02.2007 im Rahmen der Predigtreihe
"Humor  in der Bibel" in der Pfarrgemeinde Wien-Landstrasse

 


Liebe Gemeinde,

 

wir sind  „Narren in Christo“ schreibt der Apostel Paulus - dieser Gedanke gefällt mir.

Aber Narren machen Faxen tun wir das auch?

Humor ist etwas Darstellendes und wir Christen gemeinhin doch introvertiert?

 

Ich suche nach dem passenden christlichen Wort für Humor:

Freude ? Und nach dem Ort im Kirchenjahr :  Ostern !

 

Aber ehrlich gesagt, das Thema dieses Gottesdienstreihe ‚Gott lacht’ ist schon nahe der Häresie, Gottspott - oder? Warum eigentlich empfinden wir das so?

Eher im alten als im neuen Testament,

eher im Judentum als im Christentum,

findet sich jene notwendige Prise Humor, die zum Leben und auch zum Glauben gehört.

Warum ist das so - wir so todernst? Ja genau tod: ernst - man könnte schon meinen diese angebliche Humorlosigkeit der Christen, die wehe vom Kreuz herüber  - da über die galliläischen Hügel,

aber der Mann am Kreuz  war er wirklich so trostlos?

Sind wir das Christentum nicht auch eine sinnliche Religion?

Wenn er mit Sündern und Weinsäufern an einem Tisch gesessen hat, meinen sie nicht? Ich glaube schon - da wurde gelacht, und nicht zuwenig vermutlich.

Der Mann am Kreuz tanzt  - mit Zöllnern und Sündern an einem Tisch.

‚Allways look on the bright side of life’ schließt der Montie Python Klassiker: Das Leben des Brian - eine Jesusparodie  die - wie ich es empfand, den Kern der Botschaft durch teilweise wirklich nicht unscharfe Satire nicht  nur verzerrt sondern auch  verschärft und damit deutlich zeichnet .

Humor hat und macht Aussagen  - darauf stehen wir doch als Christen, oder? Auch Glaubensaussagen, im jüdischen Talmud , als der lehrenden Literatur und auch im Alten Testament , wird viel ‚durch die Blume’ gesagt.

 

Aber: Humor ist Zeitgeistabhängig - vielleicht verstehen wir deshalb nicht mehr so recht die Botschaft der Bibel in dieser Hinsicht -

Zu weit weg ist der zeitgeschichtliche Zusammenhang von uns - vielleicht.

Hätte man uns damals gefragt vor 2000 Jahren, kämen wir nicht darauf , dass das Christentum eine verbissene Sache ist, da bin ich mir sicher,

denn wir wären noch nahe dran

an dieser unglaublichen Tatsache von Ostern:

 

Unglaublich , zum Lachen, befreiend - ergreifend .

Der Stein ist weggerollt, der Tod ein für alle mal in und durch Jesus Christus besiegt

- so dass der frühe Christ Paulus singt : Tod wo ist dein Stachel wo ist dein Sieg.

 

Ja, der liturgische  Ort für das Lachen Gottes und Jesu ist Ostern.

Seit Anbeginn der Kirche gibt es die Tradition des Osterlachens. Der Sieg über den Tod sollte den Menschen spürbar erfahrbar gemacht werden. Dabei kam es schon einmal vor, dass ein Priester von der Kanzel krähte oder einen unanständigen Witz erzählte. Es gab ein offizielles Buch für Prediger,  eine Anleitung zum Osterlachen mit der Gemeinde.

Protestantisch war diese Tradition sehr umstritten, im Beginn der Reformation. Der Reformator Oecolamperd in Basel und auch Luther selbst, wetterte gegen diese Tradition. Da sieht man, dass wir als Evangelische manchmal noch etwas dazuzugeben haben auf den Ernst eines Christenmenschen - doch die Tradition des Osterlachens ließ sich nicht beirren, noch vertreiben, allenfalls reinigen.

Ostern : Auferstehungs -Freude...

da haben  wir  das christliche - vornehmere Wort

- es geht nicht um lautes , schallendes Gelächter es geht um die Freude,

die ausstrahlt,  um die Gelassenheit und Leichtigkeit des neuen  Seins eines Christen.

An einer katholischen Kirche am Rennweg in der Nähe des Sacre Coeur - lass ich folgendes Transparent : „Freuet Euch“ - nicht „Jesus liebt Dich“ wie am Gürtel oder „Kommet her zu mir ihr Mühseligen und Beladenen“ wie an meiner  Nachbarkirche am Leberberg   sondern, schlicht und ergreifend - mich wirklich im Vorüberfahren packend - „Freuet Euch“ - auch die alte Form „freuet“ freut mich. Das würde mir so sonst keiner sagen - keine Zeitung, kein Therapeut - nicht im Plural!

„Freuet Euch“ - als sei das eine Botschaft, die der Welt gesagt gehört:

Freuet Euch -

gegen unseren von Klimakatastrophe und Arbeitslosigkeit bedrohten und ernüchterten Alltag

gegen das: ‚da gibt es nichts zum Lachen’ mancher Zeitgenossen

ein Freuet euch

- das Osterlachen auch im Alltag verkünden!

 

Freude, die darf auch schon mal deutlicher sein

auch christlich :

ausgelassen, laut -

Lachen, das ist auch eine Form der Erkenntnis - die Kinder lachen im Bauch der beiden biblischen  Frauen Maria und Elisabeth.

Erkennen, wiedererkennen,

sich selbst - im anderen,

im Gegenüber.

 

Wann lachen Sie?

Ich lache, wenn ich etwas verstehe...

Im Hebräischen meint lachen  erkennen und gebären.

Eine gebärende Erkenntnis ,

eine Gebärde der Erkenntnis ,

ein Lachen : ach so ...

 

Sara wird schwanger mit über neunzig Jahren - nichts ist unmöglich, der die glaubt?!

Sie und ihr Mann lachen über die Ankündigung der Geburt eines Sohnes - in sich hinein - zunächst - ein ungläubiges Lachen , wie soll das gehen - doch dann lacht Gott mit Ihnen - er macht aus dem ungläubigen ein gläubiges Lachen.

‚Gott lächelt zu’ - so die Wortbedeutung des Namen Isaak.

Etwas Neues, Entscheidendes beginnt an dieser Stelle.

 

So auch im Neuen Testament.

Wir kennen kaum Abbildungen eines lachenden Christus - wenn dann zumeist mit der verzerrenden Signatur des Kreuzes, maskenhaft. Emil Nolde und James Ensor fallen mir dazu ein - Da muss man erst  Kinderbibeln durchblättern, um einen klar lachenden Jesus zu finden...

Aber wir kennen Bilder eines lachenden Jesuskindes und einer lachenden Gottesmutter aus der alten christlichen Ikonografie.

Maria singt - Ausdruck der Freude: „Meine Seele erhebt den Herren“  im Magnifikat, und der Engel verkündigt ihr und allem Volk ‚große Freude’, wir haben das noch im Ohr. Mit Jesu Geburt beginnt nach Lukas die Zeit der Freude, ein messianisches Licht tritt ein in die dunkle Weltgeschichte. Dies Motiv zieht sich durch das gesamte Lukasevangelium.

Beim Einzug in Jerusalem (Lk 19)  jubeln die Jünger.

In der Feldrede Lukas 6 werden die Traurigen gesegnet - ein Lachen wird Ihnen verheißen - ähnlich wie im Ps 126 , den wir eingangs hörten: „Dann werdet ihr sein wie die Träumenden und euer Mund wird voll Lachens sein“ Dann. Bald. Jetzt ?

„Kommen wird der Tag an dem ihr Jubeln werdet -tut es schon jetzt, denn euer Lohn ist groß unter den Himmeln“ (Lk 6, 20-23)

Der gleiche Evangelist ist jedoch auch kritisch: „Weh Euch, die ihr jetzt lacht, ihr werdet klagen und weinen“( Lk 6, 25). Kritisch gegen ein weltverhaftetes oberflächliches Gelächter seiner und wohl auch unserer Zeit. Nicht das laute Gelächter der ‚Welt und seiner Rotten’ ist christlich  gemeint, sondern  das leise Lächeln der Erlösung.

Dies ist die Handschrift des Wirkens Jesu: Ein Lachen der Heilung, der Umwandlung der Lebensweise, ein Lachen der messianischen Freude.

Im Bild vom Gastmahl findet diese Freude einen  Ausdruck für das Reich Gottes (Lk 5)

An diesem Tisch, am Tisch Jesu, sind die Verlorenen geladen, der verlorene Sohn und das verlorene Schaf, die vereinzelten Sünder über die im Himmel mehr Freude herrscht als über 99 Gerechte  (Lk 15), die lädt Gott voll Freude ein .

Wir lernen darin etwas von der inneren Freiheit Jesu kennen, von seiner gelassenen - in Gott gelassenen Lebenshaltung.

Einer Lebenshaltung, wie sie im ‚Sorget nicht’ der Bergpredigt zum Tragen kommt. Ähnlich wie bei der Erzählung von Witzen, wo es eines Eingeweihtseins bedarf, braucht es auch eines Know - Hows für eine freie, fröhliche und damit humorvolle Art des christlichen Daseins.

Ich glaube man gehört  zu den Eingeweihten, wenn man das christliche Dasein freudig versteht und deshalb erzählte ich Ihnen etwas über dieses Geheimnis, der gelösten und gelassenen der manchmal in den Tag hinein lebenden Christen

der Narren in Christo

die an dieses zu glauben gelernt haben

 

„Sorget nicht....“ ( Matt 6)

 

Für uns heute klingt dass nahezu gefährlich -

damals wohl auch .

Wenn das neue Testament im übrigen so etwas wie Ironie kennt, dann  in der Bergpredigt: Jesus überzeichnet die Züge seiner Zeit, den religiösen Rigorismus und das allzu weltliche Festhalten an materiellen Dingen zugunsten einer Theologie, vielleicht sogar Ethik der Freude.

„Jesus , der glücklichste Mensch der Welt“

so hat ihn einst D. Sölle genannt,

nicht ohne Grund,

Gottes Grund,

Grundierung.

Humor das kommt von ‚Humus’, ein guter Boden fürs Leben ...

“Wo Glauben ist da ist auch Lachen“ hat M. Luther, dessen Todestag wir heute feiern, gesagt.

In der Tat nicht wenige Worte und Taten Jesu haben eine  dem Humor eigene  Parodoxie:

Er geht auf dem See und nicht auf der Straße, er verwandelt einfaches Wasser im besten Wein, er macht Blinde sehend , er schenkt Menschen das verlorene Lachen zurück.

Er weckt diese Lebenshaltung, die Markus am Ende eines Wunders Mk 4 bekundet: „Nichts ist unmöglich dem der glaubt.“

Bei Manchen allerdings wecken diese Dinge Spott und überhebliches Lachen. Bei Manchen macht er sich genau damit zum Narren, zum Clown.

Die Kunst und Literatur des 20. Jahrhunderts bediente sich gern dieses Motivs. Der schon erwähnte James Ensor und in der Literatur u.a .H. Böll, dessen „Ansichten eines Clowns“ von  denen eines Jesu von Nazareth nicht weint entfernt sind.

Nein,  das letzte Lachen Jesu ist nicht schön, es gleicht nicht dem gelösten Lächeln eines Buddha.

Es ist erst dies,

dies „dass ein Tod den andern fraß“,

das Wissen um die Auferstehung,

die  wahre und durchdringende Freude  ;

das wahre Lachen Gottes am Kreuz.

Daher also kommt dies ‚Humor ist, wenn man trotzdem lacht’ der Christen,

dies Paradoxon, dieser bewusst gelebte Gegensatz zur Welt. 

Vom Kreuz weht es herüber:  „Die Welt ist mir ein Lachen“

Der Apostel Paulus ist es, der diese neue Lebensqualität in Worte fasst.

Er spricht von einer neuen Existenz, und der neuen Schöpfung in Christus (2.Kor 5).

Freude ist ein untrügliches Kennzeichen dieser neuen Lebensqualität. Freude im Geist (Röm 14,17) „Trotz aller unserer Not, bin ich von Trost erfüllt und ströme über von Freude“ schreibt der Apostel nach Korinth (2 Kor 7,4). Freud und Leid - im Kreuz sind sie verklammert. In dir ist Freude in allem Leide...- „denn das Wort vom Kreuz  - sagt Paulus - ist denen,  die verloren gehen Torheit uns aber die gerettet werden, ist es eine Kraft Gottes“ (1.Kor 18)

 

Amen

Johanna Zeuner